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Turnierleiter Deckenbrock: „Zum Glück“ fiel das Tor nicht mehr

24.08.2021

Aus dem Mund eines Deutschen klingt der Satz ziemlich befremdlich. Aber er fiel. „Zum Glück haben die deutschen Herren bei ihrer letzten Ecke den Ausgleich zum 5:5 nicht mehr geschossen.“ Das sagte Christian Deckenbrock am letzten Abend in Tokio. Nicht dass der Kölner, im deutschen Hockeysport als langjähriger Bundesliga-Schiedsrichter und DHB-Vizepräsident Recht bekannt wie ein bunter Hund, seinen Landsleuten nicht von Herzen sportlichen Erfolg beim olympischen Turnier gegönnt hätte. Aber in der von Deckenbrock angesprochenen Szene wäre bei einem gewissen Ablauf „wahrscheinlich das totale Chaos hier ausgebrochen“. Da ist sich Christian Deckenbrock in seiner Eigenschaft als Technical Delegate sicher. Und das konnte dem sportlichen Leiter des Herrenhockeyturniers natürlich nicht recht sein.

Im Bronzemedaillenspiel zwischen den Herrenteams von Deutschland und Indien hatten die Inder einen 1:3-Rückstand in einen 5:3-Vorsprung gedreht und führten, als es in die Schlussminute ging, immer noch mit 5:4. Auf dem Spielfeld nahm die Hektik zu, aber auch drum herum. Für die vielen Zuschauer an den TV- und sonstigen Empfangsgeräten sowie auch für die wenigen Augenzeugen im Stadion war dann klar zu sehen, wie plötzlich die Spielzeitanzeige knapp 30 Sekunden vor Ende stehen blieb, obwohl das Spielgeschehen ungebremst weiterlief. Es dauerte ungefähr 20 Sekunden, ehe die Uhr wieder ins Laufen kam. Und noch ehe die Spielzeit dann die Null erreicht hatte, erzwang Deutschland noch seine elfte Strafecke. Der Schlenzball von Windfeder wurde vom Torwart pariert, unmittelbar danach ertönte die Schlusssirene.

Die beiden Turnierleiter des olympischen Hockeygeschehens von Tokio. Die Australierin Tammy Standley und der Kölner Christian Deckenbrock hatten als Technical Delegate im wahrsten Sinne des Wortes den Hut auf.  Foto: Joshua Burt

Christian Deckenbrock hatte die Szenen mit angespanntem Blick von der Tribüne aus verfolgt. Ein „menschlicher Fehler“ am Tisch der Spieloffiziellen, stellte er nachher fest, sei ausschlaggebend gewesen. Natürlich war auch der indischen Teamführung die Uhr-Sache nicht verborgen geblieben. „Da wäre mit Sicherheit ein offizieller Protest von indischer Seite gekommen“, war sich der Turnierleiter sicher. Denn die letzte Strafecke, die den Deutschen bei einem Tor den Weg ins Shoot-out gerettet hätte, wurde – das hatte die Videonachbearbeitung ergeben – erst nach Ablauf der regulären Spielzeit verhängt.

Aber weil eben das 5:5 ausblieb, gab es auch kein juristisches Nachspiel. Zum Glück, so Christian Deckenbrock. Letztlich war dieser Vorfall der größte Aufreger in den zwei Wochen. Alle anderen 75 Turnierspiele, das Damenturnier eingeschlossen, liefen ohne Komplikationen ab, sieht man von den üblichen kleineren Disziplinargeschichten wie Verwarnungen und Spielersperren (im ganzen Turnier gab es auf weiblicher und männlicher Seite je eine) ab.

Einen großen Unterschied zu seiner Olympiapremiere 2016 als Technical Officer erlebte Christian Deckenbrock dennoch. „Als Technical Officer bist du zwar enger am eigentlichen Spielgeschehen dran, hast dann aber auch mal echte Pausen. Das ist als Technical Delegate schon was anderes“, sah sich der 45-Jährige „von einem Meeting zur nächsten Besprechung“ eilen. Dieser Dauereinsatz und die verantwortliche Koordination von 14 Schiedsrichterinnen, 14 Schiedsrichtern, 14 technischen Offiziellen und drei Ärzten sei wohl der Preis, den diese höchstmögliche Nominierung mit sich bringt, will sich der Kölner Jurist nicht beklagen. Dass er und seine für das Damenturnier zuständige australische TD-Kollegin Tammy Standley „letztlich alles gemeinsam gemacht“ haben, sei – so Deckenbrock zufrieden – „anders als bei früheren Turnieren“ gewesen.    

lim