21.10.21
PRO LEAGUE: Deutsche Damen und Herren verlieren je zwei Mal gegen Belgien
Vier Spiele, vier Niederlagen – für die deutschen Damen und Herren verlief der Start in die dritte Saison der FIH Pro League von den nackten Zahlen her unbefriedigend.
In Brüssel gab es am Wochenende für die DHB-Nationalteams gegen Gastgeber Belgien nichts zu holen. Die Damen unterlagen 0:1 und 1:3, die Herren mussten sich dem Olympiasieger und Weltmeister mit 1:6 und 3:5 geschlagen geben. Beide deutschen Mannschaften hatten personell deutlich mehr Veränderungen gegenüber dem Olympiaauftritt in Tokio, als das bei den belgischen Herren der Fall war. Für die war der erste offizielle Heimauftritt nach dem Goldgewinn so etwas wie eine zweitägige Feierstunde vor ausverkauftem Haus und begeisterten Fans.
Mit einer ziemlichen Panne begann der doppelte Doppelspieltag. Die Spiele am Samstag konnten erst mit einer eineinhalbstündigen Verzögerung beginnen, weil auf der Anlage von Royal Uccle Sport ein schwerer Kran nahe am Spielfeldrand plötzlich nicht mehr bewegt werden konnte und dann erst abgebaut werden musste. Die belgischen Damen, die drei Tage zuvor die Pro-League-Saison mit einem Auftritt bei Olympiasieger Niederlande eröffnet hatten und sich trotz einer 0:2-Niederlage sehr ordentlich verkauften, zeigten diese gute Form auch gegen eine deutsche Mannschaft, die mit der Tokio-Formation kaum noch etwas zu tun hatte. Mit Pia Maertens (als Kapitänin), Jette Fleschütz und Maike Schaunig befanden sich nur drei Olympiafahrerinnen im Aufgebot, am zweiten Tag kam mit Pauline Heinz noch eine Vierte zum Einsatz. Dazu waren es mit Jule Bleuel, Katharina Kirschbaum, Philin Bolle und Marisa Martin-Pellegrina am ersten Tag sowie Stine Kurz und Lilly Stoffelsma am zweiten Tag insgesamt sechs A-Kader-Feldneulinge.
Die insgesamt sehr junge und uneingespielte deutsche Truppe sah sich über fast die gesamte Distanz einer in Bestbesetzung auftretenden belgischen Mannschaft gegenüber, die permanent Druck zu machen versuchte. Nur phasenweise gelang es der DHB-Formation, sich richtig zu befreien und auch für eigene Chancen zu sorgen. Aber man hielt lange ein torloses Unentschieden. Doch sieben Minuten vor Schluss traf Belgien per Ecke zum 1:0-Sieg, der angesichts einer Statistik von 13:3 Ecken und 5:1 Ecken zugunsten des Siegers leistungsgerecht war. „Ich hatte von den Mädels gefordert, dass sie leidenschaftlich auftreten sollten, um damit die größere Erfahrung der Belgierinnen auszugleichen. Das haben sie zu hundert Prozent gemacht“, sah Bundestrainer Xavier Reckinger diese Aufgabe als erfüllt an.
Sehr viel anders gestaltete sich die zweite Partie am Sonntag grundsätzlich nicht, wenngleich der deutschen Mannschaft offensiv diesmal mehr gelang. Und sie konnte sich nach einem 0:2-Halbzeitrückstand einen „Momentum-Switch“ erarbeiten, wie Reckinger die Phase beschrieb, als erst Stine Kurz ihre A-Kader-Feldpremiere mit einem strammen Eckenschlenzer zum 1:2 krönte und anschließend Pauline Heinz den Ausgleich auf dem Schläger hatte. In den letzten Minuten ging Deutschland mit elf Feldspielerinnen volles Risiko, was aber nicht belohnt wurde und Sekunden vor Ende sogar noch das Gegentor zum 1:3-Endstand zur Folge hatte. Bei 17:7 Torschüssen und 6:4 Ecken hatte Belgien unterm Strich auch diesen zweiten Sieg verdient. „Letztlich hat etwas die Kraft gefehlt, es dann noch ganz zu drehen. Aber mit der jungen Truppe hier haben wir uns sehr gut gewehrt, und die Mädels sind schnell zu einer Einheit zusammengewachsen. Insofern blicke ich schon sehr zufrieden auf das Wochenende zurück“, zog der Bundestrainer trotz fehlender Ergebnisse ein positives Fazit.
Belgien Gnadenlos effektiv
Mit immerhin neun Tokio-Fahrern (am Sonntag kam dann mit Mats Grambusch ein Zehnter aus dem Olympiakader dazu) traten die deutschen Herren gegen Belgien an. Es hätten sogar noch mehr sein sollen, aber Erkrankungen und Verletzungen sorgten für kurzfristige Änderungen im Kader. Vom U21-Lehrgang in Frankfurt wurden Benedikt Schwarzhaupt und Mario Schachner nach Brüssel geholt. Schachner sollte dann der einzige deutsche Torschütze sein. 0:4 lag die DHB-Auswahl zu diesem Zeitpunkt bereits zurück. Am Ende hieß es 6:1 für den Olympiasieger.
Für Bundestrainer Kais al Saadi waren die Gründe für das Resultat nichts Neues: „Es liegt in erster Linie daran, dass uns im Kreis im Vergleich mit den anderen Spitzenteams die Ballsicherheit und Cleverness fehlt. Belgien macht es bei seinen Toren ja vor, wie es geht. Wir agieren in den gleichen Situationen zu überhastet und unsauber. Das ist etwas, was uns in der Bundesliga noch nicht auf die Füße fällt, aber auf diesem Top-Niveau international halt den Unterschied ausmacht." Tatsächlich waren bei 13:11 Torschüssen (allerdings 6:1 Ecken) für Belgien kaum Unterschiede in der Chancenerarbeitung zwischen beiden Teams zu sehen, doch die einmal mehr gnadenlos effektiven Weltmeister hatten viel Lust, die paar Lücken und individuellen Fehler beim Gegner zu Toren umzumünzen.
Dichter dran an einem Punktgewinn war die von Martin Zwicker als Kapitän geführte deutsche Mannschaft am zweiten Tag. Auch wenn man selber die spielerische Leistung am Samstag als etwas besser einstufte, war die DHB-Auswahl am Sonntag rein ergebnistechnisch länger im Spiel. Durch Niklas Wellen gelang mit feiner Eckenvariante sogar die frühe Führung, ehe Belgien in wilden fünf Minuten mit drei Treffern antwortete. Lukas Windfeder tunnelte Belgiens Nummer zwei, Loic van Doren, mit einer Ecke zum 2:3-Pausenstand. Später brachte Malte Hellwig das deutsche Team mit dem 3:4 ein zweites Mal in Schlagdistanz. Aber statt des in der Luft liegenden 4:4 fiel mit einem dieser tödlich-tollen belgischen Konter das Tor zum 5:3-Endstand. Bei 10:10 Torschüssen und 2:0 Ecken für Deutschland wäre ein anderes Resultat absolut denkbar gewesen.
„Heute waren wir viel näher dran, Belgien zu schlagen als gestern, auch wenn das Match nach dem kraftraubenden Doppel-Wochenende nicht mehr so spektakulär war. Die Jungs haben echt alles reingeschmissen“, so Kais al Saadi, dem dann auch bewusst wurde, dass es sein letztes Spiel als Herren-Bundestrainer war: „Bei mir ist schon große Wehmut, dass ich die Jungs jetzt nicht mehr regelmäßig sehen und mit ihnen arbeiten werde. Das ist eine gute Generation, mit guten Charakteren, die ein tolles Miteinander leben. Und wenn das das Erbe der zweijährigen Kampagne war, dann freue ich mich, und mir ist um die Truppe überhaupt nicht bange.“
U21-Teams in WM-Vorbereitung
Ebenfalls gegen Belgien spielten die deutschen Juniorinnen. Einen Trainingslehrgang in Düsseldorf und zwei Testspiele in Antwerpen nutzte U21-Bundestrainer Akim Bouchouchi, um die Vorbereitungen auf die WM voranzutreiben. Am Freitag gab es nach Toren von Inma Hofmeister, Carlotta Sippel und Sophia Schwabe einen 3:1 (1:0)-Sieg, am Samstag wurden zwei Rückstände durch Stine Kurz und Yara Mandel ausgeglichen, ehe Lilly Stoffelsma per Schlussstrafecke den 3:2 (0:1)-Erfolg sicherstellte. "Wir können mit einem guten Gefühl aus diesem Lehrgang gehen, weil viele grundlegende Dinge schon gut gepasst haben. Es gibt noch Kleinigkeiten, an denen wir jetzt gut arbeiten können“, so Bouchouchi. Vom 7. bis 13. November geht es nach Sevilla/Spanien, wo Testspiele gegen Chile anstehen, vom 22. bis 25. 11. trifft man sich noch in Mannheim mit den Niederlanden. Die WM findet vom 5. bis 16. Dezember in Südafrika statt.
Schon weiter im WM-Prozess sind die deutschen Junioren, deren Weltmeisterschaft am 24. November im indischen Bhubaneswar beginnt. Am Ende des sechstägigen Lehrgangs in Frankfurt nahm U21-Bundestrainer Johannes Schmitz in Abstimmung mit Nachwuchschefcoach Valentin Altenburg die Nominierung von 20 WM-Fahrern (18 plus zwei Nachrücker) vor. „Das ist eine total homogene Mannschaft, die sich durch das Zusammenspiel in den verschiedenen Auswahlteams der letzten Jahre extrem gut kennt und aus der Harmonie im Teamgefüge ihre Stärke zieht, was immer wieder interessant zu beobachten ist“, so Schmitz. Als Kapitäne der Mannschaft werden die erfahrenen Hannes Müller und Benedikt Schwarzhaupt fungieren. Sie haben, wie fünf weitere im Team, bereits A-Nationalmannschaftserfahrung, „was sich gerade in solch einem Turnier positiv bemerkbar machen kann“, so der Bundestrainer. Die WM-Nominierten sind alle im Bild oben zu sehenden Spieler (plus Barry), wobei Hayner und Höchemer die beiden Ersatzakkreditierten sind.
In Frankfurt hatten sich die DHB-Junioren gegen die A-Mannschaften der USA mit 1:1 (Tor: Müller) und 5:2 (Tore: Pfandt 2, Schachner, Smith, Poljaric) sowie Österreich mit 3:0 (Tore: Pfandt 2, Schippan) gut behauptet.
lim/hockey.de