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Meisterstories des Düsseldorfer HC und Harvestehuder THC

16.02.2023

DHC: Sauber und geräuschlos zum Titel verteidigt
Der konstante Erfolg der DHC-Damen hat im Grunde eine sehr simple aber effektive Basis / Saisonnniederlage gegen Köln mit positivem Effekt

Die Bewunderung der Konkurrenz für den alten und neuen deutschen Hallenmeister der Damen hält sich in erstaunlich engen Grenzen. Wird über Auftritt und Stil des Düsseldorfer HC gesprochen, fallen gelegentlich Sätze wie „Die machen ja eigentlich nix fürs Spiel“ oder „Die stehen nur hinten drin“. Das ist einerseits zwar maßlos übertrieben, weil niemand den Blauen Meisterwimpel gewinnen kann, wenn er auf dem Spielfeld nichts tut außer vielleicht sich um seine Abwehrformation zu kümmern. Aber natürlich steckt auch in beißender Kritik oft ein kleines Stück Wahrheit. Das Damenteam des Düsseldorfer HC ist tatsächlich nicht bekannt dafür, die Herzen von Hockeyliebhabern mit einer andauernden Welle tollsten Offensivhockeys erobern zu wollen. Ihre großen sportlichen Erfolge verdanken die Rheinländerinnen in der Tat ihrem Vermögen, so geräuschlos und sauber verteidigen zu können wie niemand sonst.

Die Meisterinnen des Düsseldrofer HC. Foto: Kessler

Das zeigte sich einmal mehr beim jüngsten Final-Four in Frankfurt. In zwei Endrundenspielen kassierten die DHC-Damen in zwei Spielen nur ein einziges Gegentor. Momente wie jener, als im DM-Endspiel die Alster-Spielerin Nele Aring ohne große Gegenwehr in den Düsseldorfer Schusskreis eindringen und aufs Tor schießen konnte (letztlich war dann Hannah Gablac die Torschützin per Nachschuss an den zunächst gehaltenen Aring-Abschluss), sind zur absoluten Seltenheit geworden. Düsseldorfs Nationaltorhüterin Nathalie Kubalski war über weite Strecken des Meisterschaftswochenendes die von den rund 4000 Besuchern in der Halle am nächsten zum Geschehen platzierte Zuschauerin: Sie musste in zusammen 120 Minuten Spielzeit von Halbfinale (4:0 gegen Mannheimer HC) und Endspiel (4:1 gegen Club an der Alster) kaum mal eingreifen, weil ihre Vorderleute den Großteil der gegnerischen Annäherungsbemühungen oft schon vor dem Düsseldorfer Kreis zum Erliegen gebracht hatten. Schon über die Saison hinweg lag der Durchschnittswert gegnerischer Torerfolge gegen Düsseldorf bei 1,6 pro Partie.
„Wir können uns auf unsere defensive Strategie und die Stabilität bei Endrunden immer verlassen“, sagt dazu Nicolai Sussenburger. Der DHC-Trainer hat zusammen mit Co-Trainer Mark Spieker und vor allem äußerst routinierten Abwehrspezialistinnen wie Annika Sprink oder Pia Llotak ein System kultiviert, auf dem dann alles Weitere gedeiht. „Immer wieder neu erarbeiten, bodenständig bleiben, wieder defensiv ackern“, verdeutlicht Selin Oruz, dass dem Team der zuletzt konstante Erfolg (vier gewonnene DM-Endspiele Feld/Halle in Serie) nicht zu Kopf gestiegen ist. Die DHC-Kapitänin, im Feldhockey als Defensivspezialistin bekannt, hat sich in der Halle zu jener Spielerin entwickelt, die eher in der Mitte oder vorne dafür sorgt, dass die verschiedenen Elemente des Düsseldorfer Spiels so harmonisch ineinandergreifen. Dies und ihre drei Eckentore beim Final-Four sorgten dafür, dass Selin Oruz neben dem Meisterwimpel am Ende auch verdientermaßen den MVP-Sonderpreis mitnehmen durfte.
Und doch bedurfte es für den erfolgreichen Titelverteidiger in der Hallensaison 2022/23 eines gewissen Hallo-Wach-Effektes, um am Ende wieder ganz oben zu stehen. Bekanntlich wurde der Düsseldorfer HC in der Gruppe West nicht wie zuletzt gewohnt Tabellenerster, sondern musste als Zweiter auf das Heimrecht im Viertelfinale verzichten. „Das war der Tatsache geschuldet, dass Rot-Weiss Köln eine bärenstarke Saison gespielt hat. Wir mussten neidlos anerkennen, dass sie in Gruppe besser waren als wir. Köln hätte mit Pia Maertens bestimmt auch bei der Endrunde eine super Rolle gespielt. Sie war wirklich eine Unterschiedsspielerin in dieser Hallensaison“, adelt Nico Sussenburger den Konkurrenten und dessen am Ende tragisch verletzte Nationalspielerin.  
Mit Maertens bot Köln dem Dominator DHC in der Bundesliga mehr als nur Paroli (3:3 im Hinspiel, 4.3 im Rückspiel). Den Dämpfer empfand Nathalie Kubalski sogar als absolut förderlich. „Gut, dass wir gegen Köln verloren haben, wir haben daraus viel gelernt“, so die Nationaltorhüterin rückblickend. Es folgte eine Leistungssteigerung zu rechten Zeit. „Vor drei, vier Wochen haben wir noch nicht das gespielt, was wir hier auf die Platte gebracht haben. Wir haben wieder in den Flow gefunden, defensiv standen wir wieder sehr gut“, so Kubalski nach dem Titelgewinn. Und die interne Konkurrenz tut ihr übriges. „Wir haben unfassbare Qualität im Kader. Beim 6 gegen 6 im Trainingsspiel geht es heiß her, jeder will Spielzeit! Das pusht uns“, sagt die Torhüterin. Von wegen: Die tun nix...

Mit harter Arbeit und neuen Ideen zum Titel
HTHC: Das Fehlen des Torjägers Michael Körper im Halbfinale kompensierte der neue Meister höchst intelligent – und mit einem überragenden Tobias Hauke, der zu seinem Abschied noch einmal mit einem Titel belohnt wurde

Not macht erfinderisch. Weil man beim Harvestehuder THC wusste, dass im DM-Halbfinale der nach gelb-roter Karte für ein Spiel gesperrte HTHC-Torjäger Michael Körper nicht dabei sein würde, musste man Ideen entwickeln. „Wenn so ein wahnsinnig wichtiger Spieler fehlt, macht man sich eben Gedanken. Deshalb haben wir in der Woche vor dem Final-Four auch viele Eckenvarianten trainiert, die wir in der ganzen Saison noch nicht gespielt hatten“, gab hinterher Tobias Hauke Einblick in die Endrundenvorbereitung des HTHC.
Dass dann gleich bei zwei Abweichungen vom bekannten Standardprogramm der Plan komplett aufging, gehört auf alle Fälle mit zu den Gründen, warum die Hanseaten nach acht Jahren mal wieder den blauen Meisterwimpel in die Höhe strecken durften. Sowohl das Tor zum 4:2 im Halbfinale gegen den Mannheimer HC (Endstand 5:3) als auch das 1:0 im Endspiel gegen den Club an der Alster (3:2) zählte für Hockeyliebhaber zu den fachlichen Highlights des Frankfurter Wochenendes. Weil es in dem scheinbar völlig ausgeleuchteten Hallenhockey eben doch mal wieder einen neuen Ansatz gibt, wie diese Eckenvarianten zeigten.
Ansonsten war dieser insgesamt fünfte Hallen-DM-Titel für Harvestehude „in erster Linie harte Arbeit“, wie Hauke zu Protokoll gab. Defensive gewinnt Meisterschaften – in diesem auch für den Routinier „eigentlich abgedroschenen Spruch“ steckt halt doch viel Wahrheit. Im Zentrum des HTHC-Bollwerks stand vor einem starken Torwart Brinckman eben mit Tobias Hauke einer, der neben der klassischen Abwehrarbeit vor allem mit klarem Spielaufbau und vielen Pässen brillierte, die in dieser Qualität in Frankfurt kein anderer auf die Platte brachte. „Er hat schon in der Saison sehr gut gespielt, aber bei der Endrunde sensationell“, lobte HTHC-Cheftrainer Christoph Bechmann seinen Spielmacher in höchsten Tönen. „Hauke ist ein Ausnahmespieler. Sein Aufhören ist ein Verlust, der unfassbar schwer wiegt für uns“, mag Bechmann noch gar nicht an die Zeit denken, wenn seine Nummer 13 nicht mehr auf dem Platz steht. Wenn es nach dem Coach geht, dürfte der 35-Jährige noch gar nicht Schluss machen. „Er ist in einer Topverfassung und könnte bestimmt noch ein, zwei Jahre so weiterspielen“, glaubt Bechmann, wohlwissend, dass Tobias Hauke schon in der Hinrunde der Feld-Bundesliga 2022/23 trotz zweier Aushilfseinsätze kein richtiger Angehöriger des HTHC-Kaders mehr war und die Hallensaison wohl auch nur deshalb noch einmal voll durchzog, weil die Hallen-EM die Abschiedsvorstellung des Doppel-Olympiasiegers im Nationaltrikot werden sollte.

Die Meister des Harvestehuder THC. Foto: Kesseler

Die Bühne wirklich nochmal als Sieger verlassen zu können, hat ja bei dieser EM ebenso wenig geklappt wie bei Olympia 2021 in Tokio. „Ich bin froh, dass wir ihm zum Abschied noch so ein Geschenk machen durften“, sagt Michael Körper, der mit seinen österreichischen Herren im Dezember ja selber dazu beitrug, Hauke auf den zweiten Rang zu verweisen. Was nichts an der Wertschätzung des österreichischen Torjägers für seinen Clubkameraden ändert: „Tobi ist einfach eine Legende, diese Beschreibung trifft ihn am besten. Ein absoluter Teamplayer, der immer die Mannschaft in den Vordergrund stellt, es allen versucht recht zu machen, aber auch mal draufhaut, wenn es sein muss. Genau solche Leute braucht der Sport.“
Der Gepriesene wird seinem Verein, so hat er es angekündigt, „noch bis Ende dieser Feldsaison als Aushilfe zur Verfügung stehen“. Tobias Hauke wäre es sehr recht, wenn dieser Notfall erst gar nicht eintreten möge und er sich schon jetzt ganz auf seine Familie und neue sportliche Hobbys (Padel und Golf) fokussieren kann. „Ich hoffe, dass die Mannschaft das ohne mich packt. Sie ist gut genug dafür.“  lim

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