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Plötzlich Premier Division

21.02.2023

Inzwischen ist Linus Frankhof 16 Jahre alt. Als er im August 2022 von Mülheim an die Repton School nach England ging, spielte er mit 15 Jahren nicht nur in der U16 des Repton HC. Aufgrund guter Leistungen qualifizierte sich der zwölffache deutsche U16-Nationalspieler des HTC Uhlenhorst bald schon für Größeres. Wie er gegen den langjährigen englischen Herren-Nationaltorwart eine Strafecke versenkte und warum Janne Müller-Wieland und Sonja Zimmermann plötzlich Clubkameradinnen von ihm waren, erzählt Linus nachstehend für die DHZ.

Die Entscheidung, mindestens ein Halbjahr ins Ausland zu gehen, stand. England sollte es werden, um mit überschaubarem Aufwand zu DHB-Maßnahmen und zum Hallen-Länderpokal im Dezember anreisen zu können. Und Hockey sollte ein Schwerpunkt an der Schule sein.

 Linus Frankhof in der Schuluniform seiner Repton School. Foto: privat

Am Ende hat mich Martin Jones, 118-facher englischer Nationalspieler, mehrfacher englischer Meister als Spieler und Trainer mit dem Beeston HC und heute Head of Hockey der Repton School in der Nähe von Birmingham und gleichzeitig Headcoach des örtlichen Hockeyvereins, des Repton HC, davon überzeugt, dass die Bedingungen in Repton am besten sind, um neben einer guten Schule auf einem hohen Level weiter Hockey trainieren und spielen zu können. Die Repton School ist mit 46 nationalen Titeln im Schulhockey (hat in England den gleichen Stellenwert wie in Deutschland das Vereinshockey) die erfolgreichste Hockey-Schule Englands. Die Trainingsbedingungen sind ideal, der schuleigene Hockeyplatz ist vom New House, in dem ich als Boarder-Schüler untergebracht bin, nur wenige Meter entfernt, und Martin unterbreitete mir das Angebot, neben dem Schulhockey auch für den Repton HC spielen zu können. Die Entscheidung ist mir anfangs nicht leicht gefallen, weil die Beantragung einer Spielberechtigung für Repton gleichzeitig bedeutete, dass ich in dieser Zeit nicht für die U16 von Uhlenhorst Mülheim würde spielen können und die Hallen-DM verpasse. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch nicht, welches sportliche Erlebnis mir die Entscheidung für den Repton HC bescheren sollte...

Das Abenteuer begann im August des letzten Jahres, und ich wurde nach den ersten Trainingseinheiten - zusammen mit mehreren englischen, amerikanischen und deutschen Kaderspielern - für das First Team der Schule nominiert. Unser Ziel ist es, im März den Schulmeister-Titel zu verteidigen. Das Finale wird im Londoner Lee Valley Stadion ausgetragen, in dem Deutschland 2012 Olympiasieger wurde. Für den Repton HC spiele ich auf dem Feld im Men's Team, das in der mit der deutschen Regionalliga vergleichbaren Midlands Division 1 um den Aufstieg kämpft.
Meine Hallensaison in England begann im November mit der U16 des Repton HC und der regionalen Midlands-Meisterschaft, die wir gewinnen konnten. Durch den Sieg qualifizierten wir uns mit sieben weiteren Mannschaften aus den anderen Regionalverbänden für die englische U16-Meisterschaft, die im Januar in Nottingham ausgespielt wurde. Mit dem 3. Platz konnten wir zwar unser Ziel Meistertitel nicht ganz erreichen, aber die Auszeichnung als bester Torschütze des Turniers war zumindest für mich persönlich ein sportlicher Höhepunkt.

Was dann kam, hat allerdings alle anderen Erlebnisse in England in den Schatten gestellt. Aufgrund der guten Leistungen bei der U16-Meisterschaft wurde ich von dem eigens für die Hallensaison vom Repton HC verpflichteten englischen U18-Nationalcoach, James Bateman, für den Kader der in der höchsten englischen Hallenliga, der Premier Division, spielenden Mannschaft des Repton HC nominiert. Ich sollte also mit 15 Jahren in einer Liga mit Mannschaften wie Wimbledon, Surbiton oder East Grinstead und gegen Spieler wie Barry Middleton (über 300 Länderspiele für England und GB), Ashley Jackson (250 Länderspiele) und George Pinner (Nationaltorwart von 2009-21) spielen.
Während die Damenmannschaft des Repton HC mit prominenter Verstärkung durch die beiden frischgebackenen Hallen-Europameisterinnen Janne Müller-Wieland und Sonja Zimmermann in die Liga starten konnte, wurde ein für die Herrenmannschaft vorgesehener, ebenso hochkarätiger Zugang für die Feld-WM in Indien nominiert, so dass wir mit einer insgesamt ziemlich jungen Mannschaft antreten mussten.

 Hochinteressante Erfahrungen konnte Linus (im weißen Trikot) in der englischen Premier Division sammeln. Foto privat

Gleich im ersten Spiel wartete die Mannschaft von Surbiton auf uns. Obwohl wir das Spiel lange Zeit auf Augenhöhe gestalten konnten, hieß es am Ende 4:7. Für mich galt es zunächst einmal, mich an die größere Reichweite der Gegenspieler zu gewöhnen, was jedoch zunehmend besser klappte. Nach vier Spielen hatten wir zwei Siege und zwei Niederlagen eingefahren, womit eine Qualifikation für das Final-Four in London noch möglich schien.

In den weiteren Spielen erhielt ich immer mehr Spielzeit und wurde auch in Über- und Unterzahlsituationen eingesetzt. Im letzten Vorrundenspiel bekamen wir es mit dem Tabellenführer der Outdoor Premier League (Old Georgians HC) zu tun, der trotz einiger Abstellungen für die WM in der Hallen-Liga mit insgesamt acht GB-Kaderspielern aufwarten konnte. In diesem Spiel stand ich erstmals in der Starting Six, und ich durfte beim Stand von 0:1 gegen uns die erste Ecke schießen. Die Herausgabe kam optimal, und ich konnte den Ball links unten versenken. Erst auf dem Weg zurück zum Anstoßpunkt haben mich meine Mitspieler darauf aufmerksam gemacht, dass ich gerade nicht nur mein erstes Premier Division-Tor geschossen hatte, sondern mein Gegner im Tor auch noch George Pinner hieß. Nach dem Spiel erzählte mir unser Mannschaftsbetreuer, dass der Co-Trainer der Old Georgians seinem Torwart vor der Ecke zugerufen hat: „Der schießt sowieso nicht, der ist erst 15…“

Leider hat es am Ende für die Qualifikation zum Final-Four, welches in der Londoner Copper Box Arena ausgetragen wurde, nicht gereicht. Auch wenn ich daher selbst nicht vor dieser tollen Kulisse spielen konnte, habe ich es mir nicht nehmen lassen, vor Ort unsere Damenmannschaft anzufeuern, die sich als Vorrunden-Zweiter qualifiziert hatte. Nach einem spannenden Halbfinale und einem souverän gespielten Finale konnte ich so den ersten englischen Hallen-Meistertitel des Repton HC, an dem unsere deutschen Nationalspielerinnen maßgeblichen Anteil hatten, mitfeiern.
Ich weiß schon jetzt, dass mir der Abschied aus England Ende März schwerfallen wird. Ich hoffe sehr, dass ich als Andenken an diese tolle Zeit den Schulmeistertitel nach Hause mitbringen kann.

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