20.04.2023
Fast ein Jahr lang war Timm Herzbruch zum Zuschauen verurteilt. Beständige Rückenschmerzen ließen den 25-jährigen Nationalspieler fast schon an der Fortsetzung seiner Karriere zweifeln. Aber jetzt ist der Mülheimer wieder da, auskuriert und sofort in Trefferlaune, wie sein Tor beim 5:2-Bundesligasieg seines HTC Uhlenhorst über Harvestehude zeigte. Im Gespräch mit DHZ-Mitarbeiter Julius Hayner äußert sich der zweifache Olympiateilnehmer zu seinem Comeback, zur aktuell schwierigen Situation seines Heimatvereins und seiner Hoffnung auf eine baldige Rückkehr auch ins Nationaltrikot
Herr Herzbruch, am Samstag konnten Sie nach langer Leidenszeit endlich Ihr Pflichtspiel-Comeback feiern. Jeder direkt Beteiligte oder auch Unbeteiligte wird sich bei diesem Anblick sicherlich sehr für Sie persönlich gefreut haben. Welches Gefühl hatten Sie, als der Anpfiff ertönte und der Ball auch für Sie endlich wieder rollte?
TIMM HERZBRUCH: Es war natürlich ein sehr schönes und besonderes Gefühl, endlich wieder in einem offiziellen Ligaspiel auf dem Platz zu stehen. Wenn man danach geht, habe ich mein letztes Spiel Ende Mai 2022 absolviert. Das war damals das Viertelfinale gegen den Hamburger Polo Club. Es war ein sehr langer Weg wieder zurückzukommen. Umso glücklicher bin ich, wieder topfit mit meiner Mannschaft auf dem Platz zu stehen.
Verletzungen haben Sie leider in Ihrer Karriere schon öfters zum Pausieren gezwungen. Was war dieses Mal die Ursache für diese insgesamt lange Ausfallzeit?
Mich haben sehr, sehr lange extreme Rückenschmerzen geplagt, die mich leider extrem beeinträchtigt haben, sodass am Ende nicht mehr ans Hockeyspielen zu denken war. Ich habe letztes Jahr natürlich noch alles Mögliche versucht, um in Richtung Weltmeisterschaft rechtzeitig fit zu werden, aber das hat leider nicht funktioniert. Dann hieß es erst einmal: Reha statt Hockey. Über die Reha bin ich über den gesamten Winter dann wieder fit geworden und habe derzeit keine Probleme mehr. Die Rückenschmerzen waren demnach die Hauptprobleme. Die sehr gute, effektive Reha hat jetzt dafür gesorgt, dass ich wieder auf höchstem Niveau spielen kann.
Starkes Comeback: Mülheims Timm Herzbruch (vorne; mit HTHC-Spieler Nicolas Spooner) schoss bei seinem ersten Punktspiel nach fast einjähriger Verletzungspause gleich ein Tor. Foto: S.Rixecker
Und wie sehr Sie ihrer Mannschaft helfen können, wenn Sie bei voller Gesundheit sind, hat man im Spiel gegen den Harvestehuder THC direkt gesehen. Beim 5:2-Sieg steuerten Sie unter anderem einen Treffer hinzu. Wie wichtig war dieser Sieg mit Blick auf die Tabellensituation?
Für uns war das Spiel gegen den HTHC direkt ein Finalspiel. Jedes Spiel ist ab jetzt für uns ein Finalspiel. Die Hinrunde ist leider nicht so verlaufen, wie wir uns das im Vorhinein natürlich vorgestellt hatten. Die Rückrunde ist durch den neuen Modus so verkürzt worden, dass wir gar nicht anders können, als in jedem Spiel möglichst viele Punkte zu holen, wenn wir den Rückstand noch aufholen wollen. Im sozusagen ersten Finale gegen den HTHC zuhause im Waldstadion haben wir alles reingelegt. Umso glücklicher bin ich über die drei Punkte - und auch, dass ich mit einem Tor dazu beitragen konnte. Es war ein sehr gelungenes Comeback.
Die suboptimale Punkteausbeute in der Hinrunde haben Sie gerade schon kurz thematisiert. Wie schwierig war die Hinrunde für die Mannschaft und für Sie persönlich, nicht mithelfen zu können?
Zu der Geschichte gehört auch, dass wir in der Hinrunde sehr großes Verletzungspech hatten. Da fehlten beispielsweise auch mit Lukas Windfeder, Jan Schiffer und Robert Duckscheer zusätzlich absolute Stützen dieser Mannschaft beinahe die gesamte Hinrunde. Für mich gibt es nichts Bittereres, als von außen zuzugucken und nicht mitwirken zu können. Für die Mannschaft war es eine schwierige und ungewohnte Situation, so wenig Punkte einzufahren und so eine schwierige Ausgangslage zu haben. Aber jetzt sind nahezu wieder alle an Bord, und der Blick geht nach vorne. Wenn wir mit voller Kapelle spielen, merkt man direkt, was für ein Potenzial in dieser Mannschaft steckt.
Mülheim in den Play-downs - passt das in Ihr Vorstellungsvermögen?
Natürlich nicht (lacht).
Was trauen Sie ihrer Mannschaft dann in der Rückrunde noch zu?
Ich gehe da tatsächlich immer positiv heran und traue dieser Mannschaft grundsätzlich alles zu. Wir haben im ersten Spiel gezeigt, was in uns steckt und werden uns von Woche zu Woche steigern. Die nächste Chance dazu haben wir im West-Derby gegen Köln. Das ist ein absoluter Kracher. Da werden wir erneut alles reinlegen und versuchen, etwas Zählbares mitzunehmen. Ich gehe zum jetzigen Zeitpunkt davon aus, dass wir die Play-offs spielen, weil ich daran glaube, dass wir eine richtig gute Rückrunde spielen werden. Falls es dann am Ende nicht reichen sollte, beschäftige ich mich erst dann damit. Aber daran denke ich jetzt noch nicht.
Sie gewannen 2016 die Bronzemedaille, 2021 waren Sie ebenfalls Teil des Olympiateams und waren lange Zeit aus der deutschen Nationalmannschaft kaum wegzudenken. Nicht zuletzt aufgrund einiger Verletzungen waren Sie nun länger zum Aussetzen gezwungen. Führt ihr Weg auf internationalem Level im Idealfall wieder zurück in die erlesene Auswahl des A-Kaders?
Mein Ziel ist es, in diesem Sommer die Europameisterschaft im eigenen Land zu spielen. Viel größere Highlights, als eine Heim-EM im Hockeypark zu spielen und Europameister zu werden, gibt es nicht. Langfristig möchte ich nächstes Jahr natürlich OIympiasieger werden. Das sind hochgesteckte Ziele, aber ich arbeite auch jeden Tag hart, um diese Ziele zu verwirklichen. Dabei ist eine wichtige Konstante natürlich, dass der Körper mitspielt. Da habe ich ein sehr, sehr gutes Umfeld bestehend aus Trainern, Ärzten und Physios, die mich auf das bestmögliche Niveau bringen. Das stimmt mich zuversichtlich.
Vielen Dank für das Gespräch!
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