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Große Teamarbeit auch im Hintergrund des EM-Events

Die 22. Hallen-Europameisterschaft der Damen ist Geschichte. 7500 Zuschauer sahen in Berlin 29 Spiele, 172 Tore und einen neuen alten Europameister Deutschland. Was nicht in den Büchern stehen wird, sind die weit über 150 größtenteils ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer, die diesen Event überhaupt erst möglich machten. DHZ-Mitarbeiter Andrej Oelze warf während der EM einen Blick hinter die Kulissen und sprach mit geschäftsführenden und ehrenamtlichen EM-Aktiven außerhalb des Spielfeldes.

 

Als am Sonntag kurz vor halb vier Hallen-Danas-Kapitänin Fenja Poppe den EM-Pokal in den Himmel der Horst-Korber-Halle reckt, hat die EuroHockey Indoor Championship 2024 vor allem fürs Publikum ihren Höhepunkt erreicht. Und während das deutsche Hockeyteam seine Mission damit erfüllt hat, beginnt für ein anderes Team der eigentliche Schlussakt dieses Events. Denn während vorne noch gefeiert wird, beginnen hinter den Kulissen und am Rande des Spielfeldes schon erste Abbauarbeiten. Insgesamt ist über eine Woche lang ein Team aus fast 200 haupt- und ehrenamtlichen Mitwirkenden, darunter DHB-Mitarbeitende und vor allem über 150 ehrenamtlichen Volunteers, im Einsatz, um vier Tage Hallen-Europameisterschaft auf die Beine zu stellen. Schon weit vor dem ersten Anpfiff sorgen fleißige Helferinnen und Helfer dafür, Spielfläche, Zuschauerrängen und Sponsoren-Area im Berliner Horst-Korber-Sportzentrum ein Championship-fähiges Gesicht zu geben.

Allen voran Christina Tahoces, Veranstaltungsmanagerin beim Deutschen Hockey-Bund. Sie sorgt für die Organisation im Detail. „Hier sind für mich im Vorfeld der Hallen-EM vor allem drei Stränge wichtig: Halle, Volunteers und Teams“, umreißt Tahoces ihre Verantwortungen und geht dann ins Detail: „Zuallererst die Infrastruktur, also alles rund um Halle, Einlass, Versorgung des Publikums, Ticketing und das Thema Sicherheit. Dann die Perspektive der Teams, deren Logistik, Unterbringung, Verpflegung und Betreuung. Sowie nicht zuletzt der Bereich der Volunteers mit Recruiting, Briefing und Einteilung.“ Für Berlin konnte Tahoces, die seit Juli 2023 beim DHB ist, bereits erste Erfahrungen bei der Feld-EM 2023 in Mönchengladbach sammeln. Und obwohl sie selbst nicht aus dem Hockey kam, merkte die gelernte Hotelmanagerin schnell, was Hockeyevents auszeichnet: „Im Sommer war spürbar, dass ganz viele Volunteers aus der Hockey-Community kommen. Die hatten Lust auf diesen Event und haben sich richtig ins Zeug gelegt.“ Insofern konnte Tahoces durchaus entspannt Richtung Berlin blicken.

Das liegt auch daran, dass Christina Tahoces mit Raphael Thelen, dem kaufmännischen Vorstand im DHB, einen verlässlichen Rückhalt im strukturellen Bereich hat. Obwohl der Finanzfachmann erst im Oktober 2023 zum DHB-Vorstand gestoßen war, profitiert er mit Blick auf die da schon bereits eingeplante Hallen-EM vom Rückenwind der Feld-EM 2023: „Ich wusste, dass Events Teil der Strategie der Außendarstellung des Deutschen Hockey-Bundes sind. Wir haben festgestellt, dass uns solche Veranstaltungen gut zu Gesicht stehen und dass wir das können. So durch die Bank das Feedback nach der Feld-Europameisterschaft.“

Natürlich, die Hallen-EM fällt von der Struktur her eine Nummer kleiner aus: Statt 16 Teams in zwei Wettbewerben, Männer wie Frauen, ist es in Berlin eine Konkurrenz mit zehn Damenteams, die organisiert werden muss. Trotzdem unterstreicht Thelen bei aller Euphorie aus vergangenen Veranstaltungen, dass der Verband auch so ein vermeintlich kleineres Event erst einmal stemmen müsse: „Die Finanzierbarkeit eines Events dieser Größenordnung mit den Qualitätsstandards, die wir uns selbst auch sehr hoch setzen, ist eine meiner Kernaufgaben. Trotz allem sind wir angewiesen auf Förderung wie in diesem Fall vom Senat Berlin und dem Bundesinnenministerium und auf die Unterstützung unserer Partner, die wir für diesen Event binden können.“ So muss Thelen vor allem strukturelle Entscheidungen im Vorfeld des Events treffen. Bei der Umsetzung vor Ort kann er sich in der DHB-Geschäftsstelle dann auf das Team rund um Tahoces verlassen.

Gleichzeitig haben beide in allen Bereichen auf die Vorgaben des europäischen Hockeyverbandes EuroHockey zu achten. „Es gibt ein sogenanntes Event-Manual, in dem sehr detailliert im Großen und Ganzen festgehalten ist, woran wir uns zu halten haben“, so Thelen, der im vergangenen November dann auch mit einer Delegation vom EuroHockey und Sicherheitsverantwortlichen des Berliner Veranstaltungsortes eine erste Hallenbesichtigung vornahm. „Dieses Manual gibt im Prinzip grobe Rahmenbedingungen vor“, ergänzt Tahoces, „ganz klassisch zum Beispiel das Fassungsvermögen der Halle oder Mindest- und Maximalmaße des Spielfeldes. Und Organisatorisches wie die Betreuung der Offiziellen, ihre Hotelunterbringung und deren Shuttle von dort zum Veranstaltungsort und zurück.“

Auch wenn der europäische Leitfaden eng formuliert ist, kann der DHB trotzdem seinen eigenen Stil in die Veranstaltung bringen. Zwar werden Farben und Logos von EuroHockey vorgeschrieben, der deutsche Landesverband kann aber auch seine eigene Corporate Identity einbringen: „Das Farbenspiel, das wir schon bei der EM 2023 bedient haben, ist auch in Berlin überall wiedererkennbar“, merkt Thelen an.

Die DHB-Hauptamtlichen Christina Tahoces und Raphael Thelen konnten sich in Berlin auf viele helfende Hände verlassen. Foto: Kaste

Trotz klarer struktureller Vorgaben eines seitenlangen Manuals blieben auch auf dieser Ebene im Vorfeld der Hallen-EM 2024 bestimmte Herausforderungen nicht aus. Als der niederländische Verband, im Hockey immerhin Publikumsmagnet und Erfolgsgarant, Ende September den Rückzug seiner Nationalmannschaften aus den Hallen-Wettbewerben verkündet, sorgte diese Entscheidung auch in der DHB-Geschäftsstelle zumindest für kleine Irritation. „Darauf mussten wir professionell reagieren“, erinnert sich Raphael Thelen, „und haben das sportlich genommen. Umso mehr freuen wir uns, dass wir mit Italien eine weitere Nation als Ersatz dazugewinnen konnten.“ Auch für andere Herausforderungen scheint der DHB vorbereitet: „Wir haben einen Szenarienkatalog in der Schublade liegen“, so Tahoces, „den wir hoffentlich nie rausholen müssen.“

Während Thelen und Tahoces also eher auf den formellen Bereich der Organisation ein Auge haben, sorgen im laufenden Event verlässliche Bereichsleitungen für einen reibungslosen Ablauf der Hallen-EM. Venue-Manager Sebastian Frantz ist einer von ihnen. Als er Montagmorgen vor dem Turnier den Veranstaltungsort übernimmt, bekommt er eine nackte Sporthalle vorgesetzt. Was in den nächsten drei Tagen bis zum ersten Anpfiff am Donnerstag um zehn Uhr passiert, ist mit dem Verlegen des Spielbodens nicht getan. Rund um das Spielfeld und in den Funktionsgängen werden Banner aufgehängt, Wegeleitsysteme geschaffen, die Infrastruktur für die Turnierleitung und Medienvertreter errichtet, Lichter für die Einlaufshow positioniert, das Sound-Equipment aufgebaut sowie Umkleiden, Büros und Aufenthaltsräume für die Sportlerinnen, Offiziellen und aktiven Freiwilligen organisiert, eingerichtet und markiert. „Eine gute Woche sind wir mit dem Auf- und dann Abbau beschäftigt“, erklärt Frantz, „am Montagmorgen, acht Uhr, ging es los, am Montagabend war dann Schluss.“ Dabei bildet das Verlegen des Hallenbodens, der zwei Wochen zuvor noch beim Final Four in Frankfurt im Einsatz war, im Grunde Start- und Endpunkt des gesamten Auf- und Abbaus. Jeweils etwa 15 Helferinnen und Helfer sorgten dafür, dass die rund 1000 Quadratmeter markant blau-leuchtenden Klickelemente erst zügig verlegt und dann wieder genauso schnell auf Paletten verstaut sind.

Planbar ist dabei nicht alles: „Im Vorfeld lässt sich vieles vordenken und organisieren“, betont Frantz, den nach über sechs Jahren Eventerfahrung für den Deutschen Hockey-Bund nur wenige Unwägbarkeiten aus der Ruhe bringen können, „jeder Veranstaltungsort hat seine Herausforderungen, seine kleinen Macken oder seine Räume, die nicht da sind oder nicht so liegen, wie sie sollen. Erst vor Ort merkst du, ob das wirklich funktioniert.“ So waren es in Berlin neben langen Wegen, die eine besondere Herausforderung darstellen, auch die trotz der Größe der Veranstaltungshalle fehlenden Mehrzweckräume. Denn im Bürobereich werden temporär zahlreiche Räume fremdgenutzt. Plakatives Beispiel: Das Media-Center fand seinen Platz im Kraftraum. Dazu mussten Frantz und seine Volunteers Fitnessgeräte zur Seite schieben und Tische samt Stühlen platzieren.

Wenn es um den konkreten Einsatz der Volunteers geht, ist Ulrike Kirchhoff Ansprechpartnerin für deren genauen Einsatzzeiten und Verfügbarkeiten. Die Solingerin ist selbst Freiwillige und bringt mit der Erfahrung aus über 16 Einsatzjahren für den DHB das nötige Know-how in der Koordination der Freiwilligen mit: „Ich liebe es einfach, mit Menschen zusammenzuarbeiten und im direkten Kontakt zu sein mit ihnen, nicht nur mit den Sportlern, sondern den unterschiedlichsten Leuten“, beschreibt Kirchhoff neben ihrer Liebe zum Hockeysport die eigene Motivation, auch über mehrere Tage am Stück ihre Freizeit für solch größere Sportevents zu opfern. 2008 bei der damals noch veranstalteten Champions Trophy der Damen in Mönchengladbach schnupperte die Solingerin erstmals Volunteers-Luft und blieb dann dabei.

Verständlich, dass sie mittlerweile viel Erfahrung im Umgang mit den Menschen hat, die bei solchen Veranstaltungen helfen wollen und das nötige Fingerspitzengefühl mitbringt. „Ich habe auf den Events viele Menschen kennengelernt, dass ich meine, einschätzen zu können, wie diejenigen so ticken und in welchen Positionen ich sie gut einsetzen kann.“ Damit lag sie bisher selten falsch. Und dass die Leiterin Volunteer- und Guest-Management, so ihr offizieller Einsatztitel, die Nähe zu den Volunteers schätzt, wird deutlich, wenn man sieht, dass ihr Arbeitsplatz in Berlin mitten im Volunteers-Aufenthaltsraum ist. Das hat auch praktische Gründe: Auf diese Weise erreicht Kirchhoff auch kurzfristig schnell Volunteers, wenn spontaner Bedarf besteht. Gleich, ob kurzfristig oder geplant, Ulrike Kirchhoff hat den Hut auf, wenn es darum geht, Freiwillige an den relevanten Positionen in den Bereichen Guest-Management, der Betreuung der Zuschauerinnen und Zuschauer, und Volunteer-Management, also der Versorgung der Freiwilligen selbst, einzusetzen. „Das betrifft alle über 150 Volunteers, die hier in Berlin im Einsatz waren“, so Kirchhoff.

EM-Volunteers mit großem Aufgabengebiet: Ulrike Kirchhoff und Sebastian Frantz.Foto: Kaste

Nachdem die Koordination des Teams an Volunteers vor Ort verlässlich funktioniert, können Thelen und Tahoces eine gut organisierte Europameisterschaft und deren Stimmung genießen: „Der Umgang beim Hockey ist ein ganz anderer, sehr freundschaftlich und entspannt“, zieht Tahoces dabei einen Vergleich zum großen Bruder Fußball, in dessen Stadien die gebürtige Mönchengladbacherin vor ihrem Engagement beim DHB meist zu finden war. „Es ist besonders bemerkenswert, dass das Freundschaftliche im Vordergrund steht und man miteinander den Sport feiert.“ Thelen bemüht an dieser Stelle den Begriff der Hockeyfamilie: „Es ist ein Hockeyfest mit zehn verschiedenen Nationen von Jung bis Alt. Nicht nur auf dem Spielfeld. Das ganze Drumherum, die Gastronomie, die Stände unserer Partner, das alles soll den Tag für unsere Gäste abrunden.“

Einen Beitrag, den hier vor allem auch die Volunteers leisten. Sie spiegeln genau das Bild dieser Hockey-Community wider. Und da sind sich alle Verantwortlichen einig. „Die Volunteers sind eigentlich die Wichtigsten bei dem Ganzen“, betont Sebastian Frantz. Auch Christina Tahoces weiß um den Wert der Freiwilligen: „Ohne Volunteers läuft so ein Event wie die Hallen-Europameisterschaft in Berlin nicht. Über den Einsatz und die Leidenschaft, die unsere Volunteers in die Events investieren, sind wir wahnsinnig dankbar. Wir freuen uns, die Hockeyfamilie weiter wachsen zu sehen und auch zukünftig gemeinsam Erfolge zu feiern!“