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Mathias Müller: „Wenn man mit der Truppe nicht Deutscher Meister wird...“

 

Als Mathias Müller nach ein paar Jahren in Köln 2018 in seine Hamburger Heimat zurückkehrte, schloss sich der Nationalspieler für manchen überraschend dem gerade frisch ins Oberhaus aufgestiegenem Hamburger Polo Club an. Mit dem international erfahrenen Abwehrchef (Olympia-Bronze 2016, Silber 2024) als Führungskraft etablierte sich der Erstliga-Neuling rasch in der nationalen Spitze und stieß 2022 und 2024 ins DM-Endspiel vor. Mit einer personell nochmal verbesserten Mannschaft ist Polo gerade das Maß aller Dinge in der 1. Bundesliga Herren, führt die Tabelle an. Auch wenn es jetzt die ersten kleinen Punktverluste gab, ist die Favoritenstellung auf den Meistertitel 2025 ziemlich deutlich vergeben. Was Müller (32) im Interview mit DHZ-Mitarbeiter Julius Hayner auch gar nicht abstreitet, sondern eher selber noch befeuert. Aber bis zu einem DM-Titel ist es noch ein langer Weg, viel näher liegt für Polo die zweite EHL-Teilnahme. Am kommenden Wochenende spielen die Hamburger das Qualifikationsturnier in England.  

 

Herr Müller, überwiegt nach diesem Wochenende der Frust über die gerissene Siegesserie oder die Freude darüber, dass Polo weiterhin ungeschlagen an der Tabellenspitze steht?

MATHIAS MÜLLER: Ich sehe das ziemlich neutral. Es ist mehr oder weniger normal in so ziemlich jeder Sportart, dass man nach fünf Siegen in Folge auch mal ein wenig nachlässt. Das haben wir Samstag gegen eine dazu noch echt starke Alster-Mannschaft aus meiner Sicht getan. Uns hat ein wenig der Biss gefehlt. Da haben uns die Alster-Jungs den Rang abgelaufen. Deswegen geht das Unentschieden am Ende auch vollkommen in Ordnung. Das hätten wir aber schon besser machen können. Nichtsdestotrotz sind sechs Siege aus sieben Spielen ein ziemlich ordentlicher Saisonauftakt.

 

Sie sagen es, es ist natürlich ein absoluter Traumstart in die Saison. Kommt das für Sie überhaupt überraschend oder war das angesichts der Qualität im Kader, auf die wir später noch genauer zu sprechen kommen, fast schon die logische Konsequenz?

Nachdem wir im letzten Jahr schon Vizemeister geworden sind, was ich für ein sehr gutes Resultat für diese Mannschaft halte, war nach den Verpflichtungen im Sommer schon zu erwarten, dass wir eine relativ gute Punkteausbeute haben werden. Da jedoch ein sehr großer Anteil der Mannschaften bei den Olympischen Spielen in Paris war, hatte ich eher damit gerechnet, dass wir uns vor allem zum Start noch etwas schwerer tun. Die Zeit zwischen Olympia und dem Ligastart war dieses Jahr einfach sehr, sehr kurz, sodass einige Spieler eher überspielt sind oder nicht gerade die größte Motivation haben. Aber alle Jungs machen das hochprofessionell, was auch die Grundlage für den aktuellen Erfolg ist.

 

 

Mathias Müller (vorne in rot) nach seinem Treffer am vergangenen Sonntag zum 4:2-Endstand im Spiel gegen den Harvestehuder THC. Rechts freut sich Tim Brand mit
Foto: S.Müller

 

Den ersten Punktverlust gab es an diesem Wochenende gegen den Hamburger Rivalen vom Club an der Alster, auch im Sonntagsspiel gegen den HTHC hatte Polo anfängliche Schwierigkeiten. Gleiches gilt auch für das Nachbarschaftsduell gegen Aufsteiger Flottbek, und auch im UHC war es am Ende eine Zitterpartie. Würden Sie mit der Beobachtung mitgehen, dass sich Ihr Team gerade in den Hamburger Stadtduellen vermeintlich etwas schwerer tut?

Wenn man die Ergebnisse betrachtet, kann man das sicherlich so bewerten. Gegen den UHC habe ich persönlich nicht mitgespielt, das kann ich schwer bewerten. Aber die Flottbeker Jungs beispielsweise machen das bisher astrein. Die sind taktisch top eingestellt, haben dazu gute Verpflichtungen getätigt, das ist alles andere als Kanonenfutter, was auch das Spiel widergespiegelt hat. Das waren auch nur die zwei Tore Unterschied, mehr nicht. HTHC ist alle Jahre wieder die am unangenehmsten zu bespielende Mannschaft. So war es auch am Wochenende. Sie haben in der zweiten Halbzeit vielleicht ein wenig an Saft verloren, da sie am Vortag noch in Krefeld gespielt und die Rückreise in den Knochen hatten. Das ist für die Mannschaft natürlich eine unglückliche Ansetzung, wir haben davon ein Stück weit profitiert. Und Alster ist wie gesagt eine richtig gute Mannschaft. Sie waren letztes Jahr meiner Meinung nach schon zurecht im Halbfinale und haben sich in diesem Sommer nochmal verstärkt.

 

Sie sagen selbst, dass sich beispielsweise Alster und Flottbek verstärkt haben. Nehmen Sie diesen Trend auch in der gesamten Liga wahr? Ist die Liga ausgeglichener geworden - kann jeder jeden schlagen aktuell?

Ich glaube schon, dass das Stand jetzt so zu bewerten ist, aber glaube auch, dass noch abzuwarten ist, wie sich das in der zweiten Hälfte entwickeln wird. Ich denke da vor allem an Köln und Mannheim, die vielleicht noch etwas mehr Zeit brauchen, um nach Paris so richtig Fahrt aufzunehmen. Deswegen gehe ich schon noch davon aus, dass es drei, vier Mannschaften gibt, die besser sind als der Rest. Ich finde aber schon, dass sich alle anderen Mannschaften eher noch verbessert haben. Nach ganz oben ist nicht zwingend mehr Entwicklung, das Gefälle ist aber auf jeden Fall geringer geworden.

 

In den letzten drei Jahren gab es zwei Vizemeisterschaften für die Herren des Hamburger Polo Club. Dieses Jahr habt Ihr offiziell als Ziel „nur“ das Viertelfinale und die erneute EHL-Qualifikation ausgerufen. Aber mal ehrlich: Ist bei der dieser Mannschaft, die einer Weltauswahl gleicht, der Druck und die Erwartungserhaltung nicht höher als das?

Wir müssen uns da nichts vormachen: Wenn man mit der Truppe nicht Deutscher Meister wird, dann war es keine erfolgreiche Saison.

 

Sie haben den Polo-Weg von Anfang in der Bundesliga geprägt, sind mittlerweile Kapitän der Mannschaft. Wie bewerten sie die Entwicklung des Teams in den letzten Jahren, und welchen Schritt hat diese Mannschaft nochmal über den Sommer gemacht?

Seitdem ich hier bin, hat sich in und um die Mannschaft herum natürlich viel verändert, im Grunde genommen alles. Selbst der Ort, an dem wir spielen, der Staff, die Mitspieler. Alles hat sich über die Jahre einmal ausgetauscht. Aus meiner Anfangszeit bei Polo sind vielleicht noch vier oder fünf Spieler in der Mannschaft, was aber in den meisten anderen Vereinen auch der Fall ist. Es ist mittlerweile auch schon wieder meine sechste Saison hier. Der größte Zugewinn der vergangenen Jahre ist aus meiner Sicht wirklich der neue Platz. Dass wir jetzt wirklich auf unserer eigenen Anlage spielen, direkt am Clubhaus, ist infrastrukturell ein Riesengewinn. Im Vergleich zur vergangenen Saison haben wir dann in diesem Jahr noch einmal an individueller Qualität zugelegt. Die beiden Australier, Tim Brand und Tom Craig, zählen für mich einfach zur absoluten Weltspitze, und das zeigen sie auch. Paul Kaufmann hat großartige Olympische Spiele gespielt und macht das jetzt auch für uns. Das Gleiche gilt für Sean Findlay. Und mit Lukas Kossel und Simon Quinders haben wir zwei junge, super interessante deutsche Spieler, die es in den ersten Spielen auch schon super gemacht haben. Da passt gerade einiges zusammen.

 

Für Polo geht es jetzt am kommenden Wochenende zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte in der EHL an den Start. Sie hingegen haben den Pokal schon alleine dreimal gewonnen, zweimal mit dem UHC Hamburg und einmal mit Rot-Weiß Köln. Ist Ihre Vorfreude immer noch groß vor den anstehenden K.O.-Spielen?

Also internationale Wettbewerbe haben grundsätzliche ihren Charme, auch wenn die EHL meiner Meinung in den letzten Jahren eher an Charme verloren hat. Es ist alles noch komprimierter. Es wird nur noch ein großes Turnier an Ostern gespielt. Früher gab es an Ostern noch das Achtel- und Viertelfinale und an Pfingsten dann das Halbfinale und das Endspiel. Das waren zwei riesige Events. Heute sind nationale Sieger teilweise direkt im Viertelfinale und benötigen nur drei Siege, um EHL-Champion zu werden. Das ist insgesamt schon wenig herausfordernd. Früher gab es die Vorrunde und mindestens vier K.O.-Spiele. Ich verstehe, dass beim Hockey jede Kostenersparnis wichtig ist, aber das Turnier hat für mich damit an Wertigkeit verloren.

 

 

Mathias Müller (links) im Mai 2010 als damals 18-Jähriger bei seinem ersten von drei EHL-Triumphen, hier mit seinem Ursprungsverein UHC Hamburg mit Clublegenden wie Moritz Fürste (über dem Pokal) oder Florian Fuchs (unten rechts). Foto: Worldsportpics

 

Beim ersten Anlauf 2023 ist Polo im Viertelfinale denkbar knapp an Köln gescheitert. In der ersten Runde geht es jetzt gegen die Arminen aus Wien. Ein klarer Pflichtsieg für Sie, oder hat die EHL ihre eigenen Gesetze?

Das ist ein Pflichtsieg.

 

In der nächsten Runde, wenn man so will dem Achtelfinale, würde dann vermutlich der HC Rotterdam auf Polo warten. Haben Sie sich mit diesem Gegner schon auseinandergesetzt?

Wir haben es gestern in der Spielnachbesprechung kurz einmal anklingen lassen, das war es aber auch. Wir haben jetzt noch keine Videoszenen gesehen. Wir wissen natürlich, dass es eine Mannschaft ist, die die holländische Finalserie im letzten Jahr nur hauchdünn verloren hat. Durch die internationalen Spieler kennt man auch die Spieler des Gegenübers. Es würde auf jeden Fall ein absoluter Topgegner auf uns warten, so viel ist klar.

 

Zwei schnelle Fragen zum Abschluss des Interviews. Wenn Sie sich entscheiden müssten: EHL-Champion oder Deutscher Meister 2025 mit Polo?

Deutscher Meister.

 

Wir bleiben international, blicken aber auf Sie persönlich. Schwebt über Ihrer Nationalmannschafts-Karriere auch noch ein Fragezeichen, wie bei vielen ihrer Teamkollegen oder sind Sie bei der Entscheidung schon weiter?

Es ist bei mir noch unklar. Es kommt jetzt auf die nächsten Monate an, wie diese sich beruflich entwickeln und ob sich daraus eine Vereinbarkeit aus Job und Sport ergibt. Wenn nicht, dann würde der Job nun den Vorzug erhalten. Wenn es sich vereinbart, dann würde ich theoretisch gerne weiterspielen.

 

Vielen Dank für das Gespräch!