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Mats Grambusch: „Bock auf ein Viertelfinale hätte in Gladbach jeder“

Nach vier Saisonspieltagen der 1. Bundesliga Herren steht West-Aufsteiger Gladbacher HTC auf Tabellenplatz zwei und wäre nach aktuellem Stand im DM-Viertelfinale dabei. Seinen Anteil am aktuellen Hoch des GHTC, der auch in der 2. Bundesliga Feld seine Gruppe ohne Niederlage anführt, hat natürlich auch Mats Grambusch (32). Der Kapitän der deutschen Weltmeister- und Olympiasilbermannschaft kehrte im Sommer nach elf erfolgreichen Jahren bei Rot-Weiss Köln zu seinem Heimatclub zurück. Wie Grambusch die Situation beim GHTC sieht und ob es bei den Honamas mit ihm weitergeht, hat er im Interview mit DHZ-Mitarbeiter Julius Hayner erzählt.

 

Herr Grambusch, wer das Sonntagabend-Spiel Ihrer Mannschaft gegen Blau-Weiß Köln aufmerksam verfolgt hat, dürfte wahrgenommen haben, dass Sie nach dem Warm-Up und der Begrüßung 60 Minuten auf der Bank Platz genommen haben. Was war der Grund dafür?

MATS GRAMBUSCH: Im Spiel gegen Rot-Weiss hat es in den letzten Minuten angefangen in der Wade zu zwicken. Ich wollte am Sonntag natürlich probieren zu spielen, aber nur unter der Prämisse, dass ich schmerzfrei spielen kann. Denn auch eine kleine Verletzung sollte man in meinem nun auch schon fortgeschrittenen Alter nicht mehr auf die leichte Schulter nehmen. Da ich nicht komplett schmerzfrei war, habe ich dann nicht gespielt. Am Wochenende sollte ich aber wieder auflaufen können.

 

Das Spiel gegen die bis dato punktlosen Kölner haben Sie dann von außen verfolgt. Konnten auch Sie beobachten, dass sich Ihre Mitspieler durchaus schwergetan haben?

Ja, schwergetan haben sie sich auf jeden Fall, was aber auch vollkommen in Ordnung ist. Ich fand ehrlicherweise, dass wir weder offensiv noch defensiv überzeugen konnten. Einerseits sollten wir den Anspruch haben, in so einem Spiel weniger als sieben Gegentore zuzulassen. Das war zu einfach. Sowohl die Chancen als auch die Gegentore, die wir zugelassen haben. Offensiv war es noch ein ganz beherzter Auftritt, aber so richtig haben wir uns nicht an die Themen gehalten, an denen wir vorher gearbeitet haben. Deswegen geht das Unentschieden in diesem Spiel auch vollkommen in Ordnung.

 

Die Frage ist für Sie natürlich schwierig zu beantworten, aber fehlt dieser Gladbacher Mannschaft in ihrer Abwesenheit dann das Besondere - ein gewisser X-Faktor?

Die Frage ist tatsächlich schwierig zu beantworten, aber das Besondere oder ein X-Faktor fehlt auf keinen Fall. Wir haben nämlich Spieler mit sehr außergewöhnlichen Fähigkeiten wie David Franco, Jimmy Schiefer oder auch Max Silanoglu, um nur ein paar Namen zu nennen. Das ist enorme individuelle Qualität, die sich auch am Sonntag oft durchgesetzt hat. Wenn mit mir überhaupt etwas fehlt, um bei dem Begriff zu bleiben, dann ist es eher die Erfahrung und gewissermaßen etwas Struktur, die ich der Mannschaft mitgebe. An der ein oder anderen Stelle sicherlich auch etwas Qualität, aber das ist nicht der Grund dafür, dass wir „nur“ 7:7 spielen konnten. Wir hätten uns gegen Blau-Weiß so oder so schwergetan, da bin ich mir ziemlich sicher. Das würde ich nur sehr, sehr ungern auf meine Person reduzieren.

 

In einem Spiel in der vergangenen Woche konnten Sie jedoch mitwirken. Und das war kein Spiel wie jedes andere. Es ging gegen ihren Ex-Verein Rot-Weiss Köln, für den Sie ganze elf Jahre aufgelaufen sind. Wie hat es sich für Sie auf dem Platz angefühlt? Besonders oder blendet man das in dem Moment komplett aus?

Es war definitiv besonders. Nach elf Jahren für Köln jetzt wieder für den GHTC aufzulaufen und dann gegeneinander zu spielen, hat die ganze Nummer schon zu etwas sehr Besonderem gemacht. Obwohl ich zugeben muss, dass ich mir gewünscht hätte, dass es auf der Kölner Seite nicht so viele Ausfälle gegeben hätte. Nicht damit die die drei Punkte mitnehmen konnten, sondern viel mehr, weil ich gerne auch gegen „meine“ Generation gespielt hätte und nicht „nur“ gegen die nachfolgende. Das hätte es nochmal brisanter und schöner gemacht. Aber so oder so war es ein super-cooles Erlebnis für mich. Und vielleicht kehrt ja im Rückspiel der ein oder andere Kölner Nationalspieler noch zurück, mit dem ich lange den Platz geteilt habe.

 

Sie sprechen die Ausfälle der deutschen Nationalspieler, die noch bis Anfang der Woche mit der Pro League in Amsterdam auf dem Feld beschäftigt waren, bereits an. Wenn man weiß, dass vor allem Mülheim und Köln deswegen zum Saisonstart wichtige Spieler fehlen, rechnet man sich dann als Aufsteiger nicht sogar Chancen auf mehr aus? Konkret gefragt: Haben Sie das Ziel „Viertelfinale“ als Verein oder Mannschaft formuliert?

Ausformuliert haben wir es nicht. Ich denke, dass wir rein qualitativ auf dem Papier vor Neuss und Blau-Weiß Köln stehen. Da hätten wir uns auch vor der Saison einsortiert. Somit ist das einzige formulierte Ziel auch der Klassenerhalt gewesen. Da befinden wir uns auf einem sehr guten Weg. Jetzt ist es nun mal so, dass viele Nationalspieler komplett oder zu Beginn pausieren, und wir haben die Punkte geholt, die wir geholt haben. Für mich persönlich - und die Betonung liegt auf persönlich - ist es natürlich so, dass ich das Maximum aus der Saison rausholen möchte. Und dann formuliere ich für mich persönlich das Ziel, unter die ersten Zwei zu kommen. Ein Viertelfinale mit Gladbach wäre schon eine großartige Sache. Gleichwohl ist es aber genauso offensichtlich, dass wir auf dem Papier „nur“ die viertbeste Mannschaft sind. Gegen eine Over-Performance habe ich aber nichts einzuwenden. Es ist kein Muss, wir verspüren keinen Druck, denn wir sind gerade in einer entspannten Situation. Bock auf ein Viertelfinale hätte in Gladbach jedoch jeder.

 

Mats Grambusch in Hallen-Aktion für seinen Gladbacher HTC. Foto: Breithaupt

 

Ihr Wechsel im Sommer zurück zu Ihrem Heimatverein hat in Hockey-Deutschland für viel Aufmerksamkeit gesorgt. Nicht nur, weil damit eine Ära in Köln endete, sondern auch, weil sich sicherlich einige Interessierte fragten, was die Beweggründe für diesen Wechseln sind. Ein langsamer Karriere-Ausklang oder einfach nur eine ganz neue Herausforderung? Können Sie uns da Einblicke geben?

Die drei Faktoren oder Komponenten, die mich zu dieser Entscheidung bewegt haben, waren Familie, Job und auch meine Hockey-Situation. Ich ziehe mit meiner Familie nach Gladbach, wo ich zusätzlich auch nun unser Unternehmen aufbaue. Somit spart man sich tagtäglich ganz schön viel Strecke und Zeit auf der Autobahn. Der dritte Faktor war dennoch Hockey. Denn so sehr ich Rot-Weiss gelebt und geliebt habe, hatte ich schon länger das Verlangen, noch einmal etwas im GHTC zu bewegen. Und ich habe zu Beginn schon mein fortschreitendes Alter erwähnt, sodass mir auch bewusst war, dass ich dafür nicht mehr allzu lange Zeit habe. Mir war klar, dass es jetzt nach den Olympischen Spielen ein idealer Zeitpunkt war, um diesen Move zu machen. Ich wollte meinem Heimatverein nämlich noch auf dem Platz mit meiner Performance helfen, nicht „nur“ neben den Platz in irgendeiner verantwortlichen Position. Der Plan ist genau aufgegangen. Das Leben ist für mich um einiges entspannter geworden. Ich kann wunderbar arbeiten, wunderbar Zeit mit meiner Familie verbringen und wunderbar Hockey spielen. Außerdem passieren im GHTC auch richtig coole Schritte in die richtige Richtung. Genauso hatte ich es mir vorgestellt.

 

Wenn Sie gerade die Entwicklung im GHTC ansprechen und sich entscheiden müssten: entweder Hallen-Viertelfinale oder der Aufstieg in die 1. Bundesliga Feld - wofür würden Sie sich entscheiden?

Die Frage beantworte ich natürlich zunächst immer gerne mit „Beides“. Wenn ich mich jetzt entscheiden müsste, würde ich allerdings ganz klar den Feld-Aufstieg favorisieren. Auch wenn Hallenhockey zurecht viele Zuschauer anlockt und super interessante Spiele bietet, ist es für einen Verein enorm wichtig, auf dem Feld im Oberhaus mitzumischen. Für das Standing innerhalb der Stadt und Region, aber auch in der Hockeywelt. Es gibt keinen Verein in Deutschland, der in der Halle ganz oben mitspielt und im Feld in der 2. oder 3. Liga aufläuft. Die Zugehörigkeit zur 1. Bundesliga auf dem Feld ist für einen Verein von extrem hoher Bedeutung. Da spielt die Musik.

 

Eine Frage darf mit Blick auf Ihre Person und der aktuellen Situation nicht fehlen. Bundestrainer André Henning sprach im Rahmen der Pro-League-Spiele davon, dass er es Ihnen gerne ermöglichen würde, noch eine Weile in der Nationalmannschaft zu spielen. Bis zum jetzigen Zeitpunkt gibt es von Ihnen auch noch keine öffentlichen Rücktritts-Gedanken. Können Sie uns verraten, wie Ihre Gedankenwelt mit Blick auf die Honamas aussieht?

Ja, das kann ich sogar recht konkret sagen und hoffen, dass es mir auch so gelingen wird. André ist ein Trainer, der mir grundsätzlich alle Türen offenhalten würde. Durch die Türen kann ich aber nicht einfach so durchgehen, wenn mir danach ist. Dafür braucht es Leistung. Nicht nur auf dem Platz, sondern auch daneben. Also alles, was es im Bereich des individuellen Trainings erfordert, um ein Nationalspieler zu sein. Auf diesem Level müsste ich dann wieder sein. Es war schon weit vor Olympia klar, dass ich im Jahr 2024 keine einzige Maßnahme - außer natürlich die beliebten Laktattests - mehr absolvieren werde und eine Pause einlege. Falls ich dann alles meistern kann, also Job, Familie und das nötige Training, würde ich ab Februar wieder an den Lehrgängen der Nationalmannschaft teilnehmen und mit Blick auf die Heim-EM dann schauen, ob ich gut genug bin und der Bundestrainer mich nominiert. Wenn das so sein sollte, ist das der Plan.

 

Eine Fortsetzung im Nationaltrikot ist für Mats Grambusch im kommenden Jahr denkbar. Einen Anspruch auf die Kapitänsbinde (wie noch bei der WM 2023 und bei Olympia 2024) will der bisherige Spielführer nicht mehr erheben. Foto: Worldsportpics

 

Wie beobachten Sie dann jetzt gerade die Entwicklung und den Umbruch bei „Ihrer“ Mannschaft. Die Kapitänsbinde, die Sie zuletzt im Olympischen Finale trugen, trugen nun Windfeder, Prinz und Hinrichs. Generell sind ja viele neue Gesichter in der Nationalmannschaft dabei.

Ich finde die vielen Dinge, die die dort gerade passieren, super interessant. Daraus können ganz, ganz interessante Geschichten entstehen. Man sieht ja schon in Nuancen, wer die neuen Köpfe in der Führung sind wie jetzt beispielsweise mit Thies, „Luki“ oder Teo. Das wird auch so bleiben, wenn ich zurückkommen sollte. Es stellt sich eben Vieles um. Das ist aber auch ein ganz normaler Prozess, gerade nach einem olympischen Zyklus. Da stößt man immer etwas Neues an. Und zwar nicht für ein oder zwei Jahre, sondern da hat man schon klar den olympischen Zyklus im Kopf. Die Jungs, die jetzt in Paris zwischen 23 und 27 Jahren waren, werden im Normalfall nun die Führungsspieler und Gesichter in den kommenden Jahren sein. Und da sehe ich sehr viel Potenzial. Da muss sich Deutschland keine Sorgen machen. Es war schon immer bei den Honamas so, dass nicht ein, zwei Jungs den ganzen Laden schmeißen, sondern dass die Verantwortung auf möglichst viele Schultern verteilt wurde. In die Lücken, die jetzt geschlossen werden müssen, werden wieder ganz besondere Spieler treten. Ich denke da nicht nur an die Jungs, die jetzt in den Spielen Kapitäne waren, sondern auch an einen Justus Weigand, Mo Ludwig, auch meinen Bruder. Das sind alles starke Persönlichkeiten.

 

Abschließend ein Blick auf das kommende Wochenende mit Spielen in Neuss und gegen Mülheim: Worauf kommt es jetzt für Sie und Ihre Mannschaft an?

In erster Linie wollen wir eine gute Reaktion zeigen. Also die Dinge besser machen, die wir letztes Wochenende etwas vermissen lassen haben. Mit Neuss erwartet uns ein anderer, aber letztlich ähnlicher Gegner wie Blau-Weiß. Ähnlich, weil wir Neuss eher auf unserem Niveau oder tendenziell einen Ticken schwächer einschätzen. Wir sind der Favorit, und das haben wir am Sonntag nicht gut hinbekommen. Daraus müssen wir die richtigen Lehren ziehen. Am Sonntag bin dann gespannt, wer bei Mülheim aufläuft von den zurückkehrenden Nationalspielern. Ich hoffe und denke, dass das Team komplett ist und dann ist es für uns eine Art kleines Finale, ob wir eben Richtung Platz zwei schielen können oder uns auf die unteren Ränge konzentrieren.

 

Vielen Dank für das Gespräch!